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Bündnis 90/Die Grünen Ortsverband Horn-Bad Meinberg

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Kommentar

Haushaltsrede 2022

03.02.2022

„Als Ratsmitglied Bündnis 90 die Grünen vertrete ich die Interessen und Schwerpunkte der Grünen Politik und möchte sie voranzutreiben. Darum sehen Sie es mir nach, wenn der Schwerpunkt meiner Rede weniger auf dem Verifizieren von konkreten Zahlen beruht, sondern eher in Gestalt einer grundsätzlichen Betrachtung von Kostenschwerpunkten, Einsparungspotenzialen und finanziellen Herausforderungen unserer Stadt daherkommt. Wir werden dem vorgestellten Haushalt zustimmen – aber diese Zustimmung ist gewiss KEIN „Weiter so“."

Im Konkreten stehen immense Ausgaben im Bereich der Schulen bevor. Der vom Schulentwicklungsplan berechnete Bedarf ist gewaltig. Sparen dürfen wir hier nicht. Vielmehr haben wir die Verantwortung, aus den Fehlern der vergangenen Jahre zu lernen und gut abzuwägen, ob wir beispielsweise neu bauen oder bestehende Gebäude sanieren. Ob die Turmschule zu einer OGS umgebaut werden kann, oder ob dies nur als Übergangslösung taugt. UND: Nach dem Verlust von Belle ist der Grundschulstandort Bad Meinberg ein Schatz – den zukunftsfähig und solide zu gestalten, ist eine unserer dringlichsten Aufgaben.

Bad Meinberg als Stadtteil liegt gefühlt noch immer im Dornröschenschlaf. Um in diesem Bild zu bleiben: „Wachküssen“ wird ihn nicht der erneut aufblühende Kurbetrieb. Es wird Zeit sich breiter aufzustellen und Potenziale zu heben, die bereits vorhanden sind. Yoga ist bereits DAS THEMA in Bad Meinberg. Und Yoga darf und sollte viel mehr sein als nur das Angebot von Yoga Vidya. Als Schwerpunkt einer Ausrichtung kann es alle Angebote von Kur, Medizin, und Tourismus positiv einrahmen und begleiten. Wenn alle von Achtsamkeit und Work-Life Balance, Mental-Health und ganzheitlichem Gesunden von Körper und Geist sprechen, ist es fatal, dass in Horn- Bad Meinberg Kurbetrieb nur in Form von Moorbädern und Trinkkuren gedacht wird. Diesen Wandel - energisch und mit Mut – wird unsere Fraktion in den kommenden Jahren konsequent einfordern.

Blicken wir in den Stadtteil Horn:
Mit 10,9 Millionen schlägt der Kotzenbergsche Hof zu Buche und die Erfahrungen haben gezeigt, dass die Kosten noch höher ausfallen könnten, als derzeit veranschlagt. Dennoch: dieses Prestigeprojekt wird unseren Horner Marktplatz wieder zum Aushängeschild machen.
Das Bauamt soll jedoch paradoxerweise „leergezogen“, zum Spottpreis verkauft und abgerissen werden, obwohl eine Sanierung nicht nur ökologischer wäre, sondern auch den Erhalt einer städtischen Immobilie in städtischem Besitz und in bester, zentraler Lage bedeuten würde. Gemeinsam könnten Bauamt, Kotzenbergscher Hof und Rathaus ein nachhaltiges Energiequartier werden, welches beispielsweise mit Fernwärme versorgt wird. Auch hier müssen wir vorausschauend planen und auch hier: Potenziale heben. Neu denken.
Der Blick auf die städtischen Einnahmen bereitet unserer Fraktion ebenfalls Sorge. Nicht nur, weil die Gewerbesteuereinnahmen pandemiebedingt niedrig ausfallen. (Wenn auch höher als befürchtet.) Hier stehen gleich zwei Positionen, auf die wir gerne verzichtet hätten: der Verkauf der Amazon-Fläche im Lippe Industriepark und der Verkauf der städtischen Grundstücksfläche für das Fachmarktzentrum.

Nun kann man sich fragen: Geld ablehnen in Zeiten von knappen Kassen? Wir sagen „Ja!“ - denn die Folgekosten wiegen die Einnahmen nicht annähernd auf.
Mit Amazon schließt die Verwaltung für die Unendlichkeit Verträge, die die Stadt jährlich knapp 80.000€ kosten werden. Wir schaffen Arbeitsplätze, die durch Aufstockungsleistungen unsere Sozialkassen belasten und kaum Lohnsteuer einbringen. Wir schaffen sehenden Auges Verkehrsprobleme, für dessen Abmilderung (durch Schallschutzfenster und Verkehrsberuhigungsmaßnahmen) wir selbst aufkommen müssen. Wir geben gefragte Industrieflächen an einen Konzern, der bekanntermaßen einer der erfolgreichsten ist, wenn es darum geht Gewerbesteuer und kommunale Abgaben mit Steuertricks auf ein Minimum zu reduzieren. Wir haben viel zu erwarten von Amazon: vor allem aber ein böses Erwachen, wenn wir - in ein paar Jahren eine ehrliche Bilanz ziehen. Und die Flächenversiegelung, die uns zwingt, kostspielige Instrumente, wie ein Ökopunktekonto vorzufinanzieren, weil uns für alle künftigen Projekte die Ausgleichsflächen fehlen, ist dabei noch gar nicht mit eingepreist.
Wenn man andernorts nachfragt – was wir nebenbei bemerkt im Gegensatz zu anderen getan haben – ist die Ernüchterung groß, Pforzheim beispielsweise bereut öffentlich und fraktionsübergreifend die Ansiedlung.

Ähnliches zeigt sich beim Fachmarktzentrum:
2009 hat man sich auf den Weg gemacht und ein Einzelhandelskonzept erstellt, welches die Supermärkte, die sich in regelmäßigen Intervallen vergrößern möchten, von der grünen Wiese zurück in den Stadtkern zwingen. Die Idee in der Kampstraße eine fußläufige Einkaufsmöglichkeit zu schaffen, welche die Innenstadt als Wohngebiet aufwertet, war sinnvoll und ökologisch wünschenswert. Aber das, was wir nun bekommen, ist fernab von allen einst gut gemeinten Intentionen. Auch hier wird eine gigantische Fläche versiegelt, während nirgends Fläche ENTSIEGELT wird. Wir produzieren weiteren Leerstand, schaffen uns in der Innenstadt massive Verkehrsprobleme und werten den Innenstadtkern als Wohnraum ab. Dabei ist es so wichtig, diesen Wohnraum, der so dringend benötigt wird, attraktiv und lebenswert zu gestalten. Am Ende kann unsere Stadt nicht all die verwaisten Immobilien aufkaufen. Auch hier wird an veralteten Entscheidungen festgehalten, statt an zukunftsfähigen Lösungen für unsere aktuellen Herausforderungen zu arbeiten. Wir haben so gut wie keinen Wohnraum, aber uns fehlt es nun wirklich nicht an Lebensmittelgeschäften.

Stattdessen wäre zum Beispiel eine Verbesserung des Radwegenetzes und die Errichtung von Ladesäulen für E-Autos im Innenstadtbereich dringend erforderlich. Beides, e-Mobilität und Radfahren, trägt zum Klimaschutz und mehr Lebensqualität durch weniger Verkehrslärm bei.
Apropos: Das Suchwort „Klimaschutz“ bekommt in der Suchmaske des Haushalts NULL Treffer. Klimaschutz ist nichts, was sich unsere Stadt „leisten können muss“. Wir können es uns nicht leisten, an dieser Stelle KEIN Geld auszugeben. Um die Klimaziele der Bundesregierung zu erreichen, braucht es auch in Horn-Bad Meinberg Investition zum Klimaschutz. Fördertöpfe allein werden die Klimawende nicht finanzieren können.

In Zeiten von leeren Kassen ist das Gebot der Stunde, Voraussetzungen zu schaffen, um den Investitionen auch Einnahmen gegenüber stellen zu können. Beispielsweise durch die Erstellung einer städtischen Energie-GmbH, die Photovoltaik-Anlagen auf den eigenen Liegenschaften oder Bürgerwindparks betreibt. Diese schafft die dringend benötigte Akzeptanz der Bürger bei dem bevorstehenden Ausbau der erneuerbaren Energien. Hier müssen wir gut planen und entschlossen voranschreiten, um Schritt halten zu können.
Auf den großflächigen Dächern der Schulen befinden sich schon heute erfreulicherweise Photovoltaik Anlagen - Schade nur, dass nicht die Stadt damit Geld verdient, sondern nur die Firma, die diese gepachtet hat. Hier verschenken wir Einnahmequellen. Die Sekundarschule verfügt über eine Hackschnitzelanlage mit einem Heizkraftwerk, mit welchem schon heute CO2 eingespart werden kann. Schade, dass diese nicht genutzt wird. Auch hier verschenken wir – wieder einmal – wichtiges Potenzial.

Der 2021 beschlossene und zu unserer großen Freude pünktlich zum Jahresbeginn eingestellte Klimamanager Shashikant Warerkar wird unserer Stadt dabei helfen, diese wichtigen Themen voranzutreiben. Wir freuen uns auf diese wichtigen Impulse, die hoffentlich mit großer Mehrheit von allen Fraktionen unterstützt werden.
Und ganz zum Schluss, in der Hoffnung das Gesagte zu bekräftigen, möchte ich Ihnen eine private Anekdote mitgeben, die uns alle in besten Absichten eint. Unser 8-jähriger Sohn behandelt gerade in Sachkunde das Thema Klimaschutz. Am vergangenen Samstag sagte er zu mir beim Zubettgehen: „Ich mache mir manchmal beim Einschlafen Sorgen, dass alle das Klima so verpesten, sodass wir dann später gar keine schöne Welt mehr haben.“ – „Da müssen wir alle für kämpfen, damit es uns gelingt, das zu verhindern.“, habe ich zu ihm gesagt.

Und deshalb verlasse ich mich darauf, dass Sie, geschätzte Kollegen und Kolleginnen, alle dabei helfen, damit das auch gelingt! Hier und heute im Jahr 2022 in Horn-Bad Meinberg ist es relevant und wichtig, wie wir die Weichen stellen und nachhaltig Haushalten. Mit Geld, Flächen und den Ressourcen, die uns anvertraut wurden.
Vielen Dank.“

Lena Gerke, Fraktionsvorsitzende Bündnis 90/Die Grünen in Horn-Bad Meinberg